Liebe Gemeindeglieder!
Es ging alles rasend schnell. Vor zwei Wochen dachte ich noch: wir feiern einfach die Gottesdienste ohne Abendmahl. Dann kam die Empfehlung auf Begrüßung und Verabschiedung mit Handschlag zu verzichten. Wenige Tage später hat der Virus alle Planungen und Überlegungen durchkreuzt.
Was vorgestern noch als übertrieben galt, gebietet heute schon der gesunde Menschenverstand: Geschlossene Schulen, keine Veranstaltungen, überhaupt eine umfassende Reduktion des öffentlichen Lebens. So etwas haben wir noch nie erlebt, und es fällt schwer, sich darauf einzustellen.
Gerade als Kirchengemeinde sind wir stark darin, uns und anderen Menschen „nahe“ zu sein. Besonders in schweren Zeiten. Beten, singen, feiern, den Segen Gottes zusprechen – das ist unser Auftrag, der jetzt nur in sehr eingeschränkter Form möglich ist. Was nun?
Ich merke, wie meine Ratlosigkeit mich lähmt. Ich habe Angst, die Menschen in unserer Kirchengemeinde allein zu lassen. Andererseits ist mir bewusst, dass aller Aktionismus eher schadet als er hilft. Vor allem aber merke ich, was mir fehlt an scheinbaren Selbstverständlichkeiten: die Umarmung mit Menschen, die ich lange nicht gesehen habe; das Plaudern beim Geburtstagsbesuch; die Gemütlichkeit beim Trinken des Café in der Regensburger Altstadt.
Ich bin sicher, mit meinen Gefühlen nicht allein zu sein. Vielen Menschen fehlt es zurzeit an Vielem: An Kinderbetreuung, an Kunden, an Lohn, an Zuversicht. Vielleicht gar an Verständnis? In den Medien lese ich oft von #socialdistancing. Ein sehr missverständlicher Begriff. Denn was wir jetzt ganz sicher am wenigstens gebrauchen können, ist „soziale“ Distanz. „Physische“ Distanz ist das Gebot der Stunde! Aber gerade jetzt benötigen wir doch Zeichen und Gesten, die uns merken lassen, dass wir nicht allein sind.
Als Christen leben wir nicht aus der Angst, sondern aus der Hoffnung heraus, dass Gott selbst im „finstern Tal“ (Psalm 23) uns nicht von der Seite weicht. Er liebt das Leben hat endgültig Nein gesagt zum Tod. Wie sehr sehne ich gerade in diesem Jahr die österliche Botschaft herbei: Fürchte dich nicht. Der Herr ist auferstanden! Das Leben hat gesiegt.
Ich möchte Sie einladen, am Sonntag dieses Gebet mit mir zu beten, während ich alleine, aber in Verbundenheit mit allen unseren Gemeindegliedern sozusagen stellvertretend den Gottesdienst feiere.
Herr, unser Gott, zu dir rufe ich: Sieh auf unsere Sorgen und Ängste!
Wir denken an unsere Lieben, an die, die nahe sind und die, von denen wir uns fernhalten müssen. Bitte schütze und bewahre sie. Herr, erbarme dich.
Wir denken an die Müden und Kranken, an alle, die ihre Wohnung nicht verlassen dürfen. Schenke ihnen Geduld. Richte sie auf und eile ihnen zu Hilfe. Herr, erbarme dich.
Wir denken an die vielen Menschen, die die Normalität in unserem Alltag aufrechterhalten, die für uns arbeiten und sorgen. Schenke ihnen Verständnis für manches unbillige Wort und Ausdauer für ihren Dienst. Herr, erbarme dich.
Wir denken an die Menschen, die in Pflegeberufen arbeiten sowie an Ärzte und Apotheker. Sie setzen sich bis zur Erschöpfung für ihre Nächsten ein. Stärke sie, richte sie auf und stelle sie unter deinen besonderen Schutz. Herr, erbarme dich.
Wir denken an Menschen, die in Krisengebieten leben, an Mütter, Väter und Kinder. Sie legen wir an dein gnädiges Vaterherz. Wenn wir keinen Ausweg wissen, sei ihnen eine liebevolle Mutter und nimm dich ihrer an. Herr, erbarme dich.
Barmherziger Gott, sei mit deiner Gnade bei uns und bleibe in unserer Mitte.
Vater unser...
Jesaja 66,10-14
10 Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid.
11 Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust.
12 Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen.
13 Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.
14 Ihr werdet's sehen und euer Herz wird sich freuen, und euer Gebein soll grünen wie Gras.